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Interview mit Elnaz Yaakoubi

Warum Elnaz Yaakoubi den Job des “Headhunters” mag, was sie an der Verpackungsbranche reizt und welche Herausforderungen ihr als gebürtige Iranerin anfänglich begegneten…

Elnaz Yaakoubi

Elnaz Yaakoubi ist im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen. Sie arbeitet bereits seit 15 Jahren im Bereich der Personalberatung und ist Geschäftsführerin bei Collin Weber.

Als sog. Headhunterin führt sie Unternehmen und passende Job-Kandidaten zusammen.

 

Yasmin: Bürgerlich heißt du Elnaz („schöner Engel“), aber die meisten kennen dich als „Elli“.

Elli: Schon als Kind im Iran wurde ich Elli genannt. In Deutschland merkte ich, dass sich Elli leichter einprägt. Daher bin ich bei LinkedIn auch unter Elli Yaakoubi zu finden. ;-)

Yasmin: Du bist im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen. Hast du aufgrund deines Migrationshintergrundes Nachteile im Berufsleben erlebt?

Elli: Um mein Studium in Heidelberg zu finanzieren hatte ich mich einmal bei einer Firma für eine Poststelle beworben. Das Telefonat war sehr nett und ich sollte am selben Tag vorbeikommen, um den Vertrag zu unterschreiben. Als ich meinen Namen diktierte, wurde der Dame klar, dass ich nicht in Deutschland geboren wurde und sie antwortete: „So etwas wollten wir eigentlich nicht.“ und „Wir melden uns.“, aber ich habe nie wieder etwas von denen gehört. Heute weiß ich, dass das diskriminierend war.

Allgemein werde aufgrund meines Nichtdeutschen-Aussehens manchmal unterschätzt, dabei bin ich oft deutscher als Deutsch ;-)

Yasmin: Wie kamst du vom Studium des öffentlichen Rechts in die Personalberatung?

Elli: Nach der Erfahrung in der Poststelle, habe ich im Call-Center einen Studentenjob im Verkauf bekommen. Später fand ich einen weiteren „Telefonjob“ bei einer Firma, die für kleine Personalberatungsfirmen die Research-Arbeit übernahm. Viele meiner Freunde haben damals noch über meine „Call-Center-Karriere“ gelacht ;-) Aber so konnte ich dann trotz damaliger Wirtschaftskrise in der Personalberatung starten.

Yasmin: Du bist jetzt 15 Jahre im Personalbereich. Welches war deine erste zu besetzende Position?

Elli: Flavorist! Ich musste erst einmal recherchieren, was das ist. Damals in Heidelberg war ich auf keine Branche spezialisiert, sondern habe für alle Branchen vermittelt.

Yasmin: Headhunter haben nicht in allen Firmen einen guten Ruf…

Elli: Ja, einige haben Angst, dass wir ihre Mitarbeiter abwerben. Aber abwerben kann ich als Headhunter nicht. Ich mache auf eine Möglichkeit aufmerksam, die die Kandidaten vielleicht gar nicht im Blick haben. Wie oft klopft denn genau das passende Stellenangebot an die Tür? Das passiert nur 1-2x im Leben. Kündigen muss der Mitarbeiter aber selbst.

Wir würden nie jemanden überreden, denn wenn der Kandidat nach 3 Monaten wieder geht, hat niemand etwas gewonnen. Es muss schon ein perfect Match sein.

Die beiden größten Wechselmotivationen in Deutschland sind Unzufriedenheit oder eine fehlende Entwicklungsperspektive.

Wenn ich von Chefs nach einem Tipp gefragt werde, ihre Mitarbeiter zu halten, empfehle ich: Bezahlen Sie fair und behandeln Sie Ihre Mitarbeiter fair.

Yasmin: Was verdient denn ein Verpackungsentwickler?

Elli: Die Spannbreite ist sehr groß. Ein Verpackungsentwickler für Blister hat ein anderes Gehalt als einer für Wurstverpackungen oder einer, der Sekundärverpackungen für Haushaltsgeräte herstellt. Auch die Erfahrung spielt eine Rolle.

Im Generellen halte ich nicht viel davon, wenn ein Unternehmen eine feste Vorstellung vom Gehalt hat. Wir haben aktuell einen Bewerbermarkt. Es kommt immer darauf an, was der Mensch noch Wichtiges für die Firma mitbringt, z.B. an Wissen, Erfahrung und Knowhow. Die Firma muss sich überlegen, wie viel ihr die Arbeit von diesem Mitarbeiter wert ist. Ich sage dann gerne: “If you think, good employers are expensive, try bad ones!”

Yasmin; Was reizt dich an der Verpackungsbranche?

Elli: Verpackung ist ja nicht nur „die kleine Faltschachtel.“ Packaging ist so viel mehr! Etiketten, Druck, Verpackungsmaschinen, Materialien etc. Ich lerne immer dazu. Jeder Hersteller braucht Verpackungen. Diese Branche ist so viel vielfältiger, als man glaubt!

Yasmin: Was gefällt dir an Collin Weber?

Elli: Durch Collin Weber konnte ich mich auf eine Branche fokussieren. Mir gefällt, dass ich dadurch ein Gesicht bin. Man verbindet mich in der Branche mit „People for Packaging“ als Ansprechpartner, wenn es um Spezialisten für den Bereich Verpackung geht.

Viele meiner Kandidaten werden irgendwann mal meine Kunden. Darüber freue ich mich jedes Mal. Das ist die höchste Form des Kompliments!

Yasmin: Was gefällt dir an dem Job des Headhunters?
Elli: Jede Jobbesetzung ist für uns sehr schön. Denn wir bringen Menschen zusammen, die sich sonst nicht gefunden hätten. Ein Personalberater wird nur beauftragt, weil die Stelle auf dem üblichen Weg nicht besetzt werden kann. Ein erfahrener Personaler liefert dem Kunden 3, 4 manchmal auch nur 2 Kandidaten, die aber wirklich dem Anforderungsprofil entsprechen. Zum Beispiel ein Kandidat, der genau diesen Job seit 5 Jahren erfolgreich bei der Konkurrenz macht.

Ich würde einem Kunden aber immer sagen, wenn ich einen Auftrag nicht besetzen kann. Ich biete nur die Dienstleistung an, die wir auch erfüllen können. Mein Anspruch ist, jedes Projekt zu besetzen. Lieber überrasche ich mit Erfolg als mit Misserfolg.

Yasmin: Wie wurdest du als Frau bzw. als „junge Mutter mit Migrationshintergrund“ Geschäftsführerin bei Collin Weber?

Elli: Nach meinem Einstieg in Heidelberg wollte ich wieder in eine Großstadt. In Frankfurt fing ich dann als Projektleiter an und stieg zum Head of Research auf. Mit Ende 20 hatte Teams mit bis zu 15 Personen. Ich war im Research sehr, sehr gut und bekam vom Neueinsteiger bis zum Geschäftsführer immer durchweg positives Feedback.

Irgendwann wurden wir von Collin Weber beauftragt, einen Mitarbeiter zu finden. Es stellte sich heraus, dass ich nur knapp 5 km von Collin Weber entfernt wohnte und ich suchte aktiv das Gespräch... Da ich überqualifiziert war, schuf mir Herr Weber die Stelle „Leiterin Search/Research“. Das habe ich 3,5 Jahre gemacht. Letztes Jahr kommunizierte Herr Weber, dass er Unterstützung benötigt und unsere Gespräche führten dazu, dass ich Geschäftsführerin wurde.

So gerne ich im Research gearbeitet habe, ich möchte jetzt als Geschäftsführung agieren, zum Beispiel mir strategische Ansätze überlegen.

Yasmin: Du hattest ein Erasmus Stipendium für Valencia und fährst jedes Jahr wieder hin. Wie unterscheidet sich das Arbeiten dort von Deutschland?

Elli: Spanien hat zwar mehr wirtschaftliche Probleme als Deutschland, aber auch eine andere Einstellung zu Arbeit und Leben. Es ist ihnen nicht wert, in Deutschland 20.000 € mehr zu verdienen. Ihre Lebensqualität ist höher. Sie sitzen immer draußen, trinken ihren Kaffee und die Sonne scheint. Meine Rente möchte ich in Valencia verbringen.

Yasmin: Wie bekommst du Vollzeit-Job und Kind unter einen Hut?

Elli: Das war eine Herausforderung. Ich arbeitete nach der Elternzeit erst in Teilzeit und war eine Weile im Home-Office. Ich habe aber glücklicherweise ein Kind, das kaum krank ist. Manchmal springen Familienmitglieder oder Freunde ein. Im Worst Case und das ist das Schöne an meinem Beruf, kann ich aber auch von zu Hause arbeiten.

Yasmin: Hast du Ängste oder Sorgen?

Elli: Ja, die gibt es immer. Aber ich habe nie Existenzängste, weil wir in Deutschland eine gute Absicherung haben. Trotzdem sorge ich vor und auch einen Plan B finde ich wichtig. Und wenn man arbeiten möchte, findet man immer einen Job.

Viele fanden meinen Wechsel als Mutter eines Kleinkindes nach 8 erfolgreichen Jahren von der Frankfurter Firma zu Collin Weber, mit 6 Monaten Probezeit, zu riskant. Auf das Deckblatt meiner Bewerbung schrieb ich das Zitat von Henry Ford: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“. Ein bisschen Risiko gehört immer dazu. Ein Misserfolg ist auch mal in Ordnung, wenn man daraus lernt. Oft öffnet sich dann eine neue Tür und am Ende hat alles seinen Sinn gehabt. Aus einer schlechten Situation versuche ich immer etwas zu lernen. Niemand hat ein perfektes Leben. ;-)

Herzlichen Dank für das Interview.


Das Interview führte Yasmin Rahn mit Elnaz Yaakoubi für Flora Fliegner, Geschäftsführerin der pack3 GmbH

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Interview mit Thomas Gros

Warum Thomas Gros morgens gern für seine Arbeit aufsteht, wie er den Weg in Richtung “grüne IT” ebnet und was es mit der geordnet-chaotischen Startup Kultur auf sich hat…

Thomas Gros ist CEO und Co-Founder von Circulee. Seit über 10 Jahren baut er Businesses in den USA auf und seit 3 Jahren auch in Europa.

Er war bereits in verschiedenen Konstellationen tätig, als C-Level Member eines Teams, in einem Corporate Umfeld, sowie als Gründer.

Flora: Wie ist die Idee von Circulee entstanden?

Thomas: Zurück in Europa wurde ich privat mit der CHG-Meridian AG, eines der weltweit führenden IT-Leasing Unternehmen für Großkunden, für die ich als Berater neue Geschäftsideen evaluierte. Eine Idee befasste sich mit den ganzen hochqualitativen Rückläufern aus dem IT-Leasing Geschäft. Daraus ist die Idee geboren, diese Geräte im klein- bis mittelständischen Segment anzubieten, um auf der einen Seite die Wertschöpfungskette zu verlängern und den Unternehmen den Weg in die Nachhaltigkeit im IT-Bereich zu vereinfachen und gleichzeitig den Zugang zu einem neuen Kundensegmenten zu ebnen. Und so ist die Idee, Circulee als eigenständiges Startup in Berlin zu gründen, entstanden.

Flora: Wie kamst du zu Circulee?

Thomas: Zuerst habe ich das Projekt als Berater konzipiert und den Aufbau des Unternehmens in die Wege geleitet. Als es dann konkret wurde, wurde ich angesprochen: "Hey Thomas, du hast da sehr viel Passion und auch viel Wissen in kurzer Zeit aufgebaut. Willst du das nicht machen? Du bist doch eigentlich Unternehmer!“. Ich habe in der Vergangenheit viele Dinge gemacht, von denen ich nicht immer überzeugt war, dass die Welt sie auch wirklich braucht. Deshalb suchte ich schon lange nach einem Projekt, bei dem ich sagen kann: Das ist ein Thema, an das ich wirklich glaube! Mit Circulee verfolgen wir das Ziel, viele kleine bis mittelständische Unternehmen von dem Mehrwert gebrauchter IT-Infrastruktur zu überzeugen und sie bei der Umstellung zu begleiten. Neben einer Kostenreduktion versprechen wir aber auch eine Reduktion des CO2-Footprints und eine Reduktion von e-Waste (Elektroschrott), der durch die Nutzung von gebrauchten Geräten entsteht. Wir arbeiten mit einem führenden Recycler für Electronics zusammen. Über 70 % der Materialen werden recycelt, also wiederverwendet. Für mich war das eine einzigartige Möglichkeit etwas zu machen, wofür ich morgens gerne aufstehe, und zwar mehrere Jahre, auch wenn es mal schwierig wird.

Flora: Was sind deine Ängste und Sorgen als CEO und als Co-Founder?

Thomas: Gute Frage! Es gibt natürlich immer die Sorge, das Geschäft nachhaltig finanziell aufzustellen. Dazu gehört:

  1. Bekommen wir die Marke schnell genug hin? Sind wir vielleicht zu früh? Ist die Kundenlandschaft schon bereit für diesen Schritt?

  2. Da bei uns IT-Abteilungen, aber auch HR oder auch direkt die Geschäftsführer bestellen: Bekommen wir die vielen relevanten, aber ganz unterschiedlichen Stakeholder auch angesprochen?

  3. Bekommen wir auch die Qualität gesichert, die unsere Kunden erwarten, wenn das Volumen nach oben geht?

  4. Und natürlich aktuell: Bekommen wir ein Team aufgebaut, das am Ende wirklich am „Thriven“ ist, ein Team, das am Ende wirklich gut zusammenarbeitet und die uns wichtigen Werte nach innen und nach außen lebt? Die Situation auf dem Talentmarkt ist gerade schwierig. Manche Rollen suchen wir schon seit Monaten. Dazu kommt das Thema Diversity. Tatsächlich war es uns echt schwer, auch qualifizierte Female Candidates zu finden. Da setzen wir den Fokus drauf.

  5. Abschließend: Wie grün und nachhaltig können wir sein? Neben dem reinen Produkt gibt es die Verpackungen, den Versand der Güter usw. Welche Materialien und Ressourcen können wir nutzen? Bei einigen Geräten, sind wir aktuell leider noch gezwungen Wickelfolie aus Plastik zu nutzen, um den Transport entsprechend abzusichern. Es gibt nichts was weniger nachhaltig ist als kaputte Geräte. Das ist ein Thema, an dem wir dran sind. Bei allen Themen gibt es Lösungsansätze und Wege, gleichzeitig müssen wir da auch die richtige Balance finden und Themen priorisieren. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir das nach und nach hinbekommen, umfassend ökonomisch nachhaltig zu agieren. All diese Themen treiben mich.

Flora: Wie viele seid ihr aktuell im Team?

Thomas: Wir sind derzeit 8 Fulltime-Member, die auf der Circulee-Payroll stehen. Zusätzlich haben wir Interims-Freelancer und noch ein paar Berater, die bei kritischen Themen dabei sind. Also ca. 15 Leute Full-time. Im August werden wir drei mehr sein.

Flora: Erzähl doch mal ein bisschen über diese Startup Kultur. Was unterscheidet ein Startup von einem Konzern?

Thomas: Eine sehr spannende Frage! Grundsätzlich tendieren große Unternehmen in stark definierten Hierarchien zu arbeiten. Die Prozesse sind wasserfallartig aufgebaut und Entscheidungen müssen mehrere Ebenen durchlaufen. Diese Entscheidung werden abgewartet, bevor die nächsten Schritte gegangen werden. Im Startup existiert genau das Gegenteil: sehr enge, kurze Wege. Derjenige, der die Arbeit macht, wird empowered auch direkt eine Entscheidung zu treffen. Somit wird die Geschwindigkeit zur Entscheidungsfindung dramatisch erhöht. Das Arbeiten findet iterativ und agil statt. Ein Startup fängt mit einem weißem Blatt Papier an und entscheidet mit jedem Schritt. Ein Startup hat einen inhärenten Drang, Dinge anders zu machen. Natürlich hat ein Startup auch Gewinnziele, aber diese sind nicht von einer Legacy oder von einer Historie gesetzt. Es ist von Tag eins komplett offen und frei unkonventionelle Wege zu gehen, die ein existierendes sein Core-Business nicht kann.

Ein weiterer großer Unterschied sind die Leute selbst, mit denen man arbeitet. In einem Corporate Umfeld gibt es Leute, die eine gewisse Zeit in einem Unternehmen verbracht haben und dadurch die Legitimität bekommen haben, zu entscheiden. Ein Startup kann sich den Luxus nicht leisten, Leuten aus Loyalitätsgründen Jobs und Entscheidungsgewalt zu verschaffen. Das wäre der Tod. Es müssen die Personen ran, die für den Job am besten geeignet sind und Probleme mit Kreativität angehen.

Flora: Wie stehst du zu dem Vorurteil, dass Startups total chaotisch sind, auch spät abends noch anrufen und sofort etwas wollen?

Thomas: Ich würde es „geordnetes Chaos“ nennen. Ein Startup fängt ja mehr oder weniger bei null an. Es ist viel „Learning by Doing“ und das wirkt eben dann für viele auch chaotisch. Es muss vieles erst einmal definiert werden und am Anfang macht man eben auch Fehler und lernt daraus. Das gehört dazu. Sehr wichtig ist dabei eben auch das Mindset der Leute die man ins Boot holt.

Flora: Wie sehen denn die Gehälter in Startups aus? Liegen die Konzerne gehaltstechnisch höher?

Thomas: So eindeutig ist es gar nicht, dass ein Konzern besser bezahlt. Gerade in Berlin sind Talente hart umkämpft. Für manche Rollen sind wir gezwungen, stattliche Salärs zu bezahlen. Wie immer, wenn etwas schwer zu finden ist. Hier sind es gute Entwickler, Produkt Designer o.ä.. Ein guter Entwickler wäre in einem Konzern wahrscheinlich unterbezahlt. Das kommt aber auf die Rolle an. In einem Konzern gibt es eine viel größere Spanne, gerade bzgl. Seniorität und Position. Wir wissen alle, dass ein CEO eines großen Konzerns das 10- oder 30-fache von dem verdient, der im Lager die Boxen anfasst. Diese krasse Spanne haben wir nicht. Ich würde sagen, dass ein Startup auch näher am Markt ist und flexibler reagieren kann. Ein Teil der Kompensation eines Startups können auch Anteile darstellen. Somit ist der Mitarbeiter dann Owner dieser Company. Dies ist auch bei circulee der Fall.

Flora: Ich würde auch Anteile von euch nehmen :) Ich glaube fest daran, dass ihr da auf dem richtigen Weg seid!

Thomas: Vielen Dank für das großartige Feedback!

Insbesondere zu deutschen Konsumenten, aber auch zu Unternehmen und den Geschäftskunden muss man erst mal Vertrauen gewinnen.

Flora: Kannst du Circulee in einem Satz pitchen?

Thomas: Wir wollen mit Circulee den Weg in Richtung grüne IT voranbringen, indem wir möglichst viele Unternehmen dazu bekommen wollen, Hardware wieder zu benutzen. Circulee hat das Ziel, den Lebenszyklus von IT-Geräten nachhaltig zu verlängern. Die Unternehmen reduzieren ihre Kosten, ihren CO2-Fußabdruck und unnötigen Elektromüll, der oftmals umweltgiftig ist.

Flora: Herzlichen Dank für das Interview.


Das Interview führte Flora Fliegner, Geschäftsführerin der pack3 GmbH


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Interview mit Dr. Marie Woost

Was Dr. Marie Woost in Deutschland gut findet, warum sie eine bestehende Premium-Marke im Bereich der Naturkosmetik übernommen hat und was sie unter Nachhaltigkeit versteht …

Dr. Marie Woost

Dr. Marie Woost ist in Frankreich Dijon geboren und in Savoie aufgewachsen. Sie lebt seit 2005 in Deutschland und hat in Paris Chemie studiert. Frau Dr. Woost hat in Hamburg am Institut für physikalische Chemie promoviert (Bereich Nanotechnologie).

Flora: Kaffee oder Tee?
Marie:
Kaffee. Ich kann morgens definitiv nicht ohne.

Flora: Land oder Stadt?
Marie:
Das ist jetzt aber sehr schwierig. Zum Wohnen in der Stadt, aber zum Ausgleich auf dem Land. Perfekt wäre eigentlich Hälfte-Hälfte.

Flora: Was kann Europa von China momentan lernen?
Marie:
Das man sich nicht zu schade sein sollte, eigene Interessen zu verfolgen. China verfolgt seine Ziele sehr konsequent.

Flora: Du bist ganz viel gereist. Welches Land bzw. welche Kultur hat dich beruflich am meisten inspiriert?
Marie:
Das ist eine sehr interessante Frage! Ich bin berufsbedingt hauptsächlich in Europa gewesen. Und die Kultur, die ich am meisten kenne, ist natürlich die deutsche Kultur. Ich finde die deutsche Kultur sehr schön, vor allem das soziale Miteinander innerhalb eines Unternehmens hat sehr flache Hierarchien. Man darf als Mitarbeiter seine Meinung gegenüber seinem Chef sagen, ohne dass es ein Drama ist. Ganz im Gegenteil – es ist sogar erwünscht, dass man eine andere Meinung hat! Ganz im Gegensatz zu Frankreich, hier ist alles sehr hierarchisch und der Chef sagt, wo es lang geht.

Flora: Wie steht Deutschland im Bereich der Naturkosmetik im internationalen Vergleich da?
Marie:
 Sehr gut! Deutschland ist definitiv ein Vorreiter in der Naturkosmetik. Hier ist der größte Markt im Bereich der Naturkosmetik. Auch alle Pioniere, wie z.B. Weleda kommen aus Deutschland. Viele deutsche Naturkosmetikmarken sind weltweit bekannt. Die deutsche Naturkosmetikqualität wird sehr hoch anerkannt und wird mit höchsten Qualitätsansprüchen sogar im asiatischen Markt akzeptiert.

Flora: Wie kam bei dir der Gedanke auf, dich selbstständig zu machen?
Marie:
 Der Gedanke kam schon, also ich die Birkenstock-Kosmetik, also die Marke Birkenstock in der Naturkosmetik, mit aufgebaut hatte. Ich war von Anfang an mit dabei und habe alle verschiedenen Puzzleteile, die notwendig sind um erfolgreich zu werden - von der Markenentwicklung bis zur Produkteinführung - miterlebt. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung. Ich habe nicht nur einen kleinen Teil bei Birkenstock, sondern wirklich den gesamten Markteintritt übernommen. Da wusste ich: Das möchte ich eines Tages auch für meine eigene Marke machen.

Flora: Was war dabei für dich am faszinierendsten?
Marie:
Die Vielfältigkeit. Dass man erst anfängt mit einer Idee. Es beginnt mit einer schönen Geschichte und guten Roh- und Wirkstoffen. Und dann entsteht aus einer Idee am Ende ein wahnsinnig schönes Produkt und die Kunden sind begeistert.

Flora: Kommen wir zum Thema Digitalisierung. Kann man auch bestehende, alte Maschinen digitalisieren?
Marie:
 Ja, wir sind retrofit-fähig. Bis 8–10 Jahre alte Maschinen können wir noch online nehmen. Insgesamt ist das softwareabhängig. Es macht wenig Sinn, 30 Jahre alte Maschinen online zu nehmen, da sie bspw. andere Sensoren verbaut haben.

Flora: Was waren deine größten Ängste und Sorgen bei der Gründung?
Marie:
 *lacht* Ich habe probiert meine Ängste und Sorgen beiseite zu legen, sonst hätte ich das nicht gemacht. Der erste Punkt ist die finanzielle Sicherheit, die man natürlich erstmal nicht mehr hat. Und natürlich gibt es als Unternehmer immer ein gewisses Risiko, dass deine Idee nicht funktioniert. Das kann immer passieren. Der Markt in der Kosmetikbranche ist nicht einfach, er ist sehr groß. Es gibt extrem viel Wettbewerb. Gesehen zu werden, ist dort nicht leicht. Man muss eine sehr gute Marketingstrategie haben und die Finanzierung dafür.

Flora: Das hört sich nach sehr viel Arbeit an und du hast 2 Kinder. Wie schaffst du es alles unter einen Hut zu bekommen?
Marie:
 Ja. Also erstmal sollte man versuchen alles gelassen zu sehen. Und probieren alles nacheinander zu planen. Für mich ist das Schlimmste, 5 Dinge auf einmal machen zu wollen. Wenn die Kinder nach Hause kommen, sollte man sich einfach ein bisschen Zeit nehmen und auch mal andere Sachen dafür verschieben. Und man sollte auch kein schlechtes Gewissen gegenüber seinen Kindern haben. Qualität-Zeit ist wichtiger als Quantität-Zeit.

Flora: Gab es auf dem Weg deiner Selbstständigkeit auch Personen, die dir davon abgeraten haben?
Marie:
 Ja na klar. Leider vor allem andere Mütter. Unterschwellig wurde mir sogar ein schlechtes Gewissen gemacht nach dem Motto – „Wirklich? – Natürlich kannst du machen was du willst, aber ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren!“. Aber das fing eigentlich schon an, als ich angefangen habe in Vollzeit zu arbeiten. Jetzt bin ich die Oberverrückte.

Flora: Was sind deine Aufgaben bei TOZAIME momentan?
Marie:
Gerade im Moment sind es einmalige Sachen. Wie z.B. die Satzung für die GmbH schreiben, oder Verhandlungen führen. Markenvisualisierung, Angebote einholen, Lieferzeiten checken und vieles mehr. Alles wird neu gemacht.

Flora: TOZAIME als Marke gibt es ja schon und ihr übernehmt diese. Wie kamst du dazu, ein bestehendes Produkt zu übernehmen anstatt einfach ein ganz neues zu entwickeln?
Marie:
Es war ein bisschen zufällig. Ich hatte bereits Kontakt zu TOZAIME. Das Produkt war sehr nah an dem, was ich sowieso selbst gemacht hätte. Ich stehe 100% zu TOZAIME und hätte es nicht besser gemacht. Auch die Positionierung als Naturkosmetik im Luxussegment hat mir besonders gut gefallen. Dort steckt viel Potential.

Flora: Wie bist du denn mit den ehemaligen Gründern von TOZAIME in Kontakt gekommen?
Marie:
Die Gründer hatten die Übernahme auf einem Start-Up Portal ausgeschrieben. Das war auch eher zufällig und kam daher, dass mein Lebenspartner sehr stark in der Start-Up Szene unterwegs ist und genau deshalb hatte ich auf dem Portal gesucht.

Flora: Welche 3 Tipps hast du zum Thema Naturkosmetik, worauf sollte man achten?
Marie:
 1) Dass man ein zertifiziertes Label hat. Dann kann man darauf vertrauen, dass es wirklich Naturkosmetik ist und nicht nur ein naturnahes Produkt.

2) Wenn man neu auf ein naturkosmetisches Produkt umsattelt, braucht man Durchhaltevermögen. Die Haut ist ggf. noch an Silikone und andere künstliche Stoffe gewöhnt und benötigt eine Übergangszeit, in der es ihr durch die Umgewöhnung auch mal nicht so gut geht. Es ist natürlich individuell, aber es kann 2-3 Wochen dauern.

3) Ausprobieren! Man muss einfach ausprobieren was man mag und was man nicht mag.

Flora: Nachhaltigkeit – was bedeutet für dich Nachhaltigkeit?
Marie:
 Nicht nur der CO2-Abdruck zählt, sondern Nachhaltigkeit ist sehr viel größer als das. Man sollte die gesamte Lieferkette berücksichtigen und bereits bei der Rohstoffversorgung auf die richtige Auswahl achten. Z.B. unter welchen Bedingungen gearbeitet wird und welche weiteren sozialen Aspekte berücksichtigt werden. Naturkosmetik ist an sich schon auf einem sehr guten Weg, nachhaltig zu sein. Es gibt keine Tierversuche, die Rohstoffe sind rein pflanzlich und es wird so wenig Chemie wie nötig eingesetzt.

Flora: Wo steht Tozaime in 5 Jahren?
Marie:
 In 5 Jahren haben wir mehrere Linien und sind weltweit für exzellente Naturkosmetik bekannt. Wir haben unter anderem eine Männerlinie und eine Linie für sehr sensible Haut.

Flora: Welches Motto hast du?
Marie:
 Jeden Moment genießen!

Flora: Herzlichen Dank für das Interview.
Das Interview führte Flora Fliegner, Geschäftsführerin der pack3 GmbH

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Interview mit Dr. Marius Grathwohl

Warum sich Dr. Marius Grathwohl für China faszinieren kann, warum er die Digitalisierung beschleunigen möchte und wieso alle Maschinen miteinander verbunden sein müssten, wenn es nach ihm ginge …

Dr. Marius Grathwohl ist Vice President Digital Products and Transformation bei der MULTIVAC Gruppe. Er ist dort seit über sechs Jahren beschäftigt und leitet ein agiles Team von mittlerweile 30 Mitarbeitern. Gemeinsam mit seiner Abteilung hat er bereits Maschinen im dreistelligen Bereich ans Netz genommen und ist verantwortlich für die Themen Cyber Security und Smart Services Architecture. In seiner Freizeit bereist Marius verschiedene Länder und Kulturen. Er ist ein politischer Mensch und diskutiert gerne über vielfältige Themen.

Flora: Du bist viel im Studium gereist. Was hat Dich zum Reisen bewogen?
Marius
: Ich habe in Neufundland ein Auslandssemester gemacht. Mich hat es aufs Land gezogen. Ich wollte bewusst Einsamkeit erleben. Und das hat sich unheimlich gut angefühlt. Danach habe ich ganz bewusst China gewählt: Ich wollte die nicht-westliche Welt kennenlernen. Mein Ziel war es, China als aufstrebende Weltmacht kennenzulernen und zu erkunden. Das war die Initialzündung und seitdem habe ich den ungebrochenen Drang die Welt zu erkunden. Mittlerweile habe ich über 65 Länder bereist.

Flora: Wie ging es dir mit der chinesischen Kultur und Arbeitsweise?
Marius
: Ich habe im 30. Stock in einer WG gewohnt. Nachts haben die Werbetafeln der U-Bahn bunt und grell durch die Fenster geleuchtet. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl: Ich bin am Puls der Zeit! In China ist keiner satt, jeder verfolgt sein Ziel und möchte etwas vom Kuchen der Welt abhaben.

Flora: Was kann Europa von China momentan lernen?
Marius
: Das man sich nicht zu schade sein sollte, eigene Interessen zu verfolgen. China verfolgt seine Ziele sehr konsequent.

Flora: Ist China agil?
Marius
: Sehr spannend, Du hast meinen Blog gelesen (lacht: https://www.mariusgrathwohl.de/). Der Chinese kann sehr gut auf sich verändernde Situationen reagieren. Siehe Corona: Verdammt nochmal sind die agil! Dort wurden innerhalb kürzester Zeit Krankenhauskapazitäten geschaffen. Die Chinesen können sehr schnell reagieren aber auch gestalten.

Flora: Wie bist Du zu MULTIVAC gekommen?
Marius:
 Für mich war das die Chance, wieder heimzukommen. Ich bin gebürtiger Ulmer. In der Zwischenzeit war ich 10 Jahre unterwegs.

Flora: Was genau machst Du bei MULTIVAC?
Marius:
 Ich baue den Geschäftsbereich Digital Products and Transformation kontinuierlich weiter aus. Mittlerweile sind es 30 Mitarbeiter. Wir haben eine 3-stellige Anzahl von Maschinen am Netz. Und dabei arbeiten wir im Grunde genommen wie ein eigenes Start-Up im Unternehmen. Am Anfang war es eine Herausforderung, die Prozesse aufzusetzen und erste digitale Lösungen zu entwickeln, mittlerweile ernten wir erste Früchte unserer Arbeit. Die Maschinendaten sind nun in mehrere Richtungen auswertbar. Unser Geschäftsbereich bei MULTIVAC bietet einen Mehrwert für unsere Kunden. Aber auch für MULTIVAC intern für andere Kompetenzbereiche. 

Flora: Vor welchen Herausforderungen stehst Du momentan?
Marius
: Wie wir intern im Unternehmen wirken. Wir benötigen Kompetenzen aus den einzelnen Fachbereichen. Das sind andere und zusätzliche Herausforderungen, als „nur“ Maschinen online zu nehmen. Es geht darum, dass wir uns stärker ins eigene Unternehmen hinein integrieren.

Flora: Kommen wir zum Thema Digitalisierung. Kann man auch bestehende, alte Maschinen digitalisieren?
Marius:
 Ja, wir sind retrofit-fähig. Bis 8–10 Jahre alte Maschinen können wir noch online nehmen. Insgesamt ist das softwareabhängig. Es macht wenig Sinn, 30 Jahre alte Maschinen online zu nehmen, da sie bspw. andere Sensoren verbaut haben.

Flora: Warum entscheiden sich Kunden für eine digitale Maschine von MULTIVAC, anstatt zu einer vom Wettbewerb?
Marius:
 Interessanter ist die Frage: Warum sollte ein Kunde überhaupt eine konnektive Lösung kaufen? Wir haben uns der Digitalisierung früh angenommen. Und unsere Architektur hat dadurch eine Schlagkraft entwickelt. Wir sind sehr stark und haben in diesem Bereich einen Innovationsvorsprung. Unklar ist immer: Wie lange hält dieser? Aber aus momentaner Sicht denke ich, sind wir dem Wettbewerb 1–2 Jahre definitiv voraus.

Flora: Wo sind die Vorteile für den Kunden?
Marius:
 Wenn man Maschinen konnektiert, kann man mit seinem Kunden besprechen, was ihn in seinem Alltag bewegt. Man sieht, wie die Maschine funktioniert. Man sieht, welche Fehler diese Maschine erzeugt. OEE Auswertungen kann ein Kunde von uns dann bekommen, ohne großartige Softwareinvestitionen für einen externen Dienstleister auszugeben. Unsere Kunden haben die Möglichkeit, die Maschine zu einer besseren Leistung zu trimmen. Auf Basis der digitalen Maschinendaten können wir mit dem Kunden gemeinsam erarbeiten, wie er etwa Stillstandszeiten reduzieren kann. Momentan arbeiten wir an dem Thema Anomalieerkennung. Wir gucken, dass wir Unregelmäßigkeiten bei Maschinenkomponenten frühzeitig erkennen.

Flora: Früher konnte sich die Nachschicht ja im Vergleich dazu noch ausruhen. Jetzt wird sie von euch digital getrackt?
Marius:
 Ja, das ist ein sehr wichtiger Punkt! Wir stellen fest: Digitalisierung bringt Transparenz. Transparenz ist etwas, das nicht für alle Mitarbeiter von Interesse ist. 

Flora: Wie steht es um das Thema Angst vor der Digitalisierung. Angst um Arbeitsplätze. Wie begegnet Ihr diesem Thema?
Marius
: Das sehen wir nicht so. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Wir sollten uns viel mehr Gedanken machen, wie wir noch viel schneller automatisieren können, damit wir unsere Arbeitskraft für sinnvollere Tätigkeiten einsetzen können. Alles was wir an Tätigkeiten automatisieren können um Zeit zu sparen, hilft uns, wirtschaftlichen Fortschritt zu generieren. Fortschritt für einzelne Unternehmen, aber auch als Volkswirtschaft. Digitalisierung schafft Jobs in Deutschland. Digitalisierung hilft, dass unsere Kunden die Maschinen leichter bedienen können und einfacher ohne Unterstützung durch Dritte zurechtkommen.

Flora: Wie steht es mit der Veränderungsbereitschaft und Offenheit gegenüber der Digitalisierung aller Mitarbeiter?
Marius
: Wir holen jeden intern dort ab, wo er steht. Ohne Druck. Als die erste Coronawelle kam, wussten einige Mitarbeiter auch nach einem halben Jahr noch nicht, wie man seinen Bildschirm in Online-Meetings teilt. Das gibt es und damit – auch wenn schwierig nachvollziehbar – muss gerechnet werden.

Flora: Was sind die 5 Hot Topics zum Thema Digitalisierung?
Marius:

1. Mega Trend Konnektivität

2. KI (künstliche Intelligenz): Algorithmen entwickeln, die Anomalien wahrnehmen und die Maschine rekonfigurieren können; Selbstlernende Algorithmen

3. Plattformen

4. Retrofit-Fähigkeit (Bestandsmaschinen)

5. Digitaler Zwilling. PLM 2.0 (Product Lifecycle Management) – cyberphysische Maschinen, möglichst realitätstreu.

Flora: Welchen Tipp hast Du für Unternehmen, die überlegen, ihre Maschinen zu digitalisieren?
Marius:
 „Nehmen Sie die Maschine einfach mal online; probieren Sie es aus“. Ich könnte auch Folien zeigen oder Demos, das ist alles schön und gut, bringt einem Interessenten aber nichts. Wir sind jetzt so weit, dass wir automatische Mailings versenden, sobald eine Maschine konnektiert wurde. Es gibt automatische Log-Ins und viele Benefits mehr. Das ist eine Erfahrung, die Kunden einfach live machen müssen. Quasi „Stecker drin“ – und ich werde automatisch benachrichtigt. 

Frage: Thema Cyberkriminalität – wie geht MULTIVAC mit diesem sensiblen Thema um?
Marius:
 Security ist für mich eine Rahmenbedingung und kein Feature. Wir führen regelmäßig Sicherheitsaudits durch. Wir gehen diese Themen systematisch an. Unterschiedliche Kunden haben unterschiedliche Sicherheitsanforderungen. Je größer der Kunde, desto komplexer ist meist das Thema. Teilweise widerspricht Sicherheit aber auch der Funktionalität. Je mehr Sicherheit ich haben möchte, desto weniger Funktionalität und Komfort kann ich genießen. Diesen Zusammenhang gibt es auch. Ich glaube trotzdem, dass wir dieses Thema moderieren müssen. Dass wir auf der einen Seite weiterhin neue Features entwickeln müssen und das Ganze unter der Sicherheitserwartung unserer Kunden hinkriegen. Es kostet nur mehr Zeit und mehr Kapazität! Sicherheit gibt es nicht umsonst.

Flora: Wie passen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen?
Marius:
 Digitalisierung ist ein Befähiger für Nachhaltigkeit. Die Energiewende wird nur über die Elektro-Mobilität mit automatischer Regelung (z.B. über Strompuffer) erreicht werden. Der CO2-Footprint wird dadurch digital messbar und steuerbar werden. Im Bereich Maschinenbau ist schon heute der Verbrauch von Verpackungsmaterialien (und Stromverbrauch, Druckluftverbrauch etc.) messbar. So kann der Kunde seinen Verbrauch digital monitoren. Wir möchten auch das Thema Recyclingfähigkeit messbar machen. Verpackungsmaterialien sollen im Prozess bis hin zur Entsorgung identifizierbar werden. Die Idee ist ein digitaler Produktpass R-Cycle. MULTIVAC ist der unternehmensübergreifenden Initiative R-Cycle 2021 beigetreten. Ziel ist es, gemeinsam die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen auf Basis eines offenen und weltweit anwendbaren Tracing-Standards voranzutreiben. Es könnten Kunststoff-Folien z. B. über ein digitales Wasserzeichen scanbar gemacht werden. Darin ist dann die Information enthalten, woraus das Material besteht. Dann wird klar, wie das Material recycelt wird und in den richtigen Wertstrom gelangt.

Flora: Wie würde das in der Praxis aussehen?
Marius:
 Du hast ein Produkt, das verpackt wurde, z. B. in einer Tiefziehverpackung. Diese besteht aus einer Ober- und Unterfolie. Der Folienhersteller bringt auf den Folienkern (RFID) oder auf die Folie (dig. Wasserzeichen) ein Merkmal auf. Das wird dann in der Maschine ausgelesen. So wissen wir, welches Material an welcher Stelle verwendet wurde. Und wir geben dann im Abpackprozess eine neue Idee hinzu: Was wird genau verpackt. Wir würden also etwas zum Datensatz hinzuschreiben. Und in dem Zug einen neuen Identifikator hinzufügen: einen neuen QR Code mit zusätzlicher Information. Dann kann später bei der Verwertung ausgelesen werden, welches Material an welcher Stelle verwendet wurde und welches Produkt verpackt wurde. Damit die Kette gut funktioniert, werden an mehreren Stellen Informationen angebracht. Angenommen der QR Code ist nicht mehr da. Siehst Du noch das Wasserzeichen, usw. Es kann für jeden Produktionsschritt eine aktuelle Info hinzugefügt werden. Eine präzise Sortierung und Transparenz hinsichtlich der genauen Zusammensetzung der Verpackungen (Kunststoffsorten, Druckfarben, Kleber, Additive, etc.) sind der Schlüssel zur Gewinnung von hochwertigem Rezyklat für ein hochwertiges Recycling.

Flora: Welche offenen Punkte sind im R-Cycle Projekt noch zu klären?
Marius:
 Es gibt noch eine Menge Fragen, die nicht geklärt sind. Z.B. wie der QR Code auf Folie aufgebracht wird, ohne dass er im Recyclingprozess abgewaschen wird. Ansätze hierbei sind momentan mehrere Stellen zu bedrucken oder per Direktdruck / Laser. Es gibt keine schnelle Lösung von heute auf morgen. Aber wichtig ist, dass wir solche Konzepte erproben. Und diese gemeinsam mit anderen Herstellern (Stichwort Plattformgedanke) in eine Feststellung bringen.

Flora: Herzlichen Dank für das Interview.
Das Interview führte Flora Fliegner, Geschäftsführerin der pack3 GmbH

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